Das Gourmet-Restaurant im Hotel Ritter in Durbach im Schwarzwald wartet mit einer langjährigen Sternetradition auf. Bereits im Jahr 1969 wurde der Ritter erstmalig mit dem begehrten Michelin-Stern ausgezeichnet, 32 Sterne sind es seitdem insgesamt geworden. „Der ,Wilde Ritter‚ ohne Stern, das ist undenkbar“ formuliert Inhaber Dominic Müller das Anforderungsprofil für seinen Küchenchef.
Küchenleiter im Wilden Ritter das ist seit September 2014
André Tienelt. Bereits mit 26 Jahren erkochte er für das Restaurant „Sendig“ im Hotel Elbresidenz Bad Schandau den ersten Stern. Und auch hier in Durbach wurde er den hohen Erwartungen seines Chefs umgehend gerecht. Kaum in der neuen Wirkungsstätte angekommen, gelang es ihm sofort die gestrengen Michelin-Tester zu überzeugen. Und nicht nur diese – dazu kommen 16 Punkte (2 Hauben) im Gault&Millau, 3 Varta-Diamanten, 8 gusto-Pfannen und 2 Feinschmecker F.
„Starker Fokus auf hochwertige Gerichte hergestellt aus regionalen Produkten“, „regionale Küche neu interpretiert“. „Sehr saisonal, sehr frisch aber mit viel Kreativität anders zubereitet, als man es erwarten würde.“ lesen sich die Lobeshymnen auf die Küche im Wilden Ritter.
Zitat Tienelt: „Lieber einen höchstens einen Tag alten Saibling, als einen Steinbutt, der schon sechs Tage lang unterwegs ist und erst am siebten Tag auf dem Teller des Gastes landet.“
Ich gebe zu, meine Erfahrungen mit Sterneköchen sind überschaubar. Gut in Erinnerung geblieben ist mir der Technische Leiter eines Hotels mit Sternerestaurant, dem regelmäßig der eine oder andere (meist heftige, wahrscheinlich aus Technikersicht gerechtfertigte) Stöhner über die Ansprüche und Wünsche seines Küchenchefs über die Lippen kam.
Ich bin also gespannt auf das Gespräch.
Was für ein Mensch ist Sternekoch Anfré Tienelt? Abgehoben und in Sphären lebend, die einem Normalbürger verschlossen bleiben?
Erwartet mich eine Küche voll der modernsten und ausgefallensten Technik?
Ist André Tienelt dem „Vorbild“ vieler anderer gefolgt und hat bei der Übernahme der Küchenverantwortung nicht nur eine neue Philosophie eingebracht sondern auch die Küchentechnik nach seinen Vorstellungen umgekrempelt?
Um es vorwegzunehmen: Ich werde überrascht. Es ist ganz anders.
Der Sternekoch: sympatisch, offen und voller Begeisterung für seine Mission “ mit regionalen Produkten von hoher Qualität klassischer Gerichte modern zu interprtieren“ – in einer Küche, die genau die Geräte hat, die tatsächlich benötigt werden, nicht mehr und nicht weniger, kein Schnickschnack und keine Technik-verliebtheit.
Tradition und Moderne – auf die Symbiose von beidem trifft man im Ritter auf Schritt und Tritt. Und so lautet folgerichtig das Motto für Tienelts Küchenphilosophie: „Das Schöne und Gute erhalten – und das Neue noch besser machen“.
Aber natürlich: “ Wir wollen, dass die Leute für uns aus dem Haus gehen und sich begeistern lassen. Das geht nur, wenn man neue Wege geht.“
Der Wechsel des Küchenchefs und die damit verbundenen „neuen Wege“ waren eine große Herausforderung für die Erwartungshaltung der Gäste und die Arbeit der Mitarbeiter. „Man muss Veränderungen behutsam durchsetzen, alle Beteiligten sozusagen mitnehmen auf die Reise. Alles anders zu machen hieße ja, das Vorherige wäre schlecht gewesen. Das aber ist ganz und gar falsch.“ Auch deshalb wurde wenig an der Küchen-technik verändert als André Tienelt die Küchenleitung übernahm.
Die Kücheneinrichtung – irgendwie unspektakulär. Natürlich ein Induktions-Herd (mit acht Kochstellen) für das Gourmetrestaurant und ein weiterer für die Badische Stube, das zweite Restaurant im Ritter. Von wem ist der Herd? André Tienelt zuckt ratlos die Schultern und tatsächlich nirgendwo prangt der sonst allgegenwärtige Herstellername. Dazu der in der gehobenen Gastronomie wohl unvermeidliche Thermomix und ein PacoJet, dazu eine Kitchenaid Küchenmaschine, ein Hold-o-mat und ein Salamander.
Ich vermisse die allgegenwärtigen 20×1/1 Heißluftdämpfer mit denen sich bei größeren Veranstaltungen schnell Gerichte regenerieren lassen. Die allerdings gibt es nicht bei André Tienelt. Die Begründung ist verblüffend einfach: Der Veranstalter, der bei ihm seine Gäste bewirten lässt, darf zu recht erwarten, dass alle Speisen frisch zubereitet und angerichtet werden. So finden sich denn hier „nur“ zwei kompakte Heißluftdämpfer von MKN. Auch kein Roner Thermostat oder sonstiges Hi-Tech-Gerät, dafür viel viel Vorbereitungs- und Arbeitsfläche.
„Kochen ist Leidenschaft, Kreativität und ganz viel HANDwerk!“

Foto: Gourmetrestaurant Wilder Ritter, facebook-Seite
Ich merke schnell, mit dem Gespräch über die Küchengeräte komme ich nicht so recht voran. In der Küche des Wilden Ritters ist nur eines wichtig: das Produkt. Hier sind Küchengeräte lediglich das Hilfsmittel um das einzig wichtige Ziel zu erreichen: „der Gast bekommt ein perfektes Ergebnis“. Diese Erkenntnis ist beruhigend. Habe ich doch schon lange kein Verständnis mehr für die verbreitete Tendenz Küchengeräte mit einer maximal möglichen Anzahl von Programmen, Features und Möglichenkeiten auszustatten, die der Anwender nicht nutzen kann, will oder erst gar nicht kennt. Ich freue mich, hier jemanden gefunden zu haben, der es ähnlich sieht.
Auf meine Frage nach dem Lieblingsgerät kommt die Sprache nach kurzem Nachdenken auf das Dehydriergerät. Warum? Die Antwort: siehe oben – das Ergebis zählt. Apfelchips werden nicht braun, Bananenchips bleiben herrlich weiß und getrocknetes Gemüse behält sein unverwechselbares Aroma.
Wo soll die Gerätereise zukünftig hingehen? Wieder zählt nur das Ergebnis. Möglicherweise wird im Ritter zukünftig mit Stickstoff gearbeitet. Nicht wegen der Show, die damit verbunden sein kann, sondern um dem perfekten Produkt wieder einen Schritt näher zu kommen.
Hotel Ritter, Tal 1, 77770 Durbach www.ritter-durbach.de