Kategorie-Archiv: DIE TECHNIK

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gewerbliche SPÜLTECHNIK – eine ZEITREISE

Die Pioniere und ihre Produktidee
Was haben die 1839 geborene Politikergattin Josephine Cochran aus Shelbyville in den USA und der deutsche Maschinenbauer Kaspar Martin gemeinsam? Oder Karl Winterhalter aus Kollmarsreute in Baden und Clarence Charles Hobart aus Middletown, Ohio? – Mit unerschütterlichem Glauben an sich und ihre Produktidee und mit Beharrlichkeit und festem Willen haben sie den Grundstein gelegt zu dem Produkt, das heute aus keinem gewerblichen Küchenbetrieb mehr weg zu denken ist: der Spülmaschine.

Cochran’s Crescent Washing Machine Company

cochran dishwaser [1]

cochran dishwaser [1]

In den frühen 1880er Jahren entwickelt Josephine Cochran ein Gerät zum »maschinellen« Spülen von Geschirr mit einem Drahtabteil für Teller, Tassen und Untertassen. Es befindet sich in einer Art Rad, das flach in einem Kupferboiler liegt. Heißes Seifenwasser wird manuell eingefüllt und durch die Drehung des Geschirrads rotiert das Geschirr im Wasser und wird so vom Schmutz befreit.

Ihre Erfindung, die »Garis-Cochran Dish-Washing Machine«, wird Ende 1886 patentiert. Eigentlich für das häusliche Spülen konzipiert, beweist sich die Spülmaschine aufgrund ihrer hohen Anschaffungskosten aber vor allem in US-amerikanischen Hotels.

Nach Josephine Cochrane Tod wird  die Cochran’s Crescent Washing Machine Company verkauft. Neuer Eigentümer wird The Hobart Manufacturing Company.

The Hobart Manufacturing Company
Seit 1883 baut Clarence Charles Hobart in Middletown, Ohio, Elektromotoren. 1897 geht daraus die The Hobart Electrical Manufacturing Company in Troy, Ohio, hervor, die 1913 zu The Hobart Manufacturing Company umfirmiert. Hergestellt werden elektrisch angetriebene Geräte zum Zerkleinern und Mahlen unter anderem von Fleisch, Kaffee und Erdnüssen. 1919 wird ein Produkt vorgestellt, das bis heute ein Markenname geblieben ist: die Kitchen Aid Küchenmaschine.
Mit der Übernahme der Cochran’s Crescent Washing Machine Company im Jahr 1926 stösst Hobart in den USA in den Markt für gewerbliche Spülmaschinen vor.

Mechanische Werkstätte K. Martin
Fast zur selben Zeit, 1865, gründete der Maschinenbauer Kaspar Martin in Offenburg die Mechanische Werkstätte K. Martin. Hergestellt werden Bohr- ebenso wie Wurstmaschinen.
1908 übernimmt Hermann Lamparter die Firma. Angeblich während einer Kur entdeckt er in seinem Hotel eine amerikanische Geschirrspülmaschine und beschließt, fortan selbst solche Maschinen in seinem Betrieb fertigen zu lassen.

Meiko
Im Jahr 1927 verlassen die bis dahin bei der Mechanische Werkstätte K. Martin als Chefkonstrukteur bzw. Kaufmann tätigen Oskar Meier und Franz Konrad das Unternehmen um eine eigene Firma zu gründen: aus Mei und Ko enteht Meiko.

Miele Modell A [2]

Miele
Ebenfalls in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts beginnen Reinhard Zinkann und Carl Miele, die bereits seit zwei Jahrzehnten erfolgreich unter anderem Waschmaschinen bauen, die erste für den Hausgebrauch geeignete Miele-Spülmaschine zu entwickeln.

Das Ergebnis ist das 1929 vorgestellte Modell A: Zwei Drahtkörbe für das Geschirr werden in einen Metallbottich eingehängt. Nachdem Geschirr und Besteck eingeräumt sind wird per Hand heißes Wasser in den Bottich gefüllt.
Unter dem Bottich sitzt ein Elektromotor mit einer Antriebswelle für einen Propeller, der sich im Wasser befindet. Dieser wirbelte quasi wie eine Schiffsschraube das zuvor eingefüllte Wasser hoch. Das Wasser wird auf das Geschirr gespritzt und löst so den Schmutz.

Noch ist die Spülmaschine ein teurer Luxusartikel und wird vor allem da eingesetzt, wo sich die hohen Anschaffungskosten rechnen, im gewerblichen Bereich. Doch der Grundstein ist gelegt, auch wenn Weltwirtschaftskrise und Zweiter Weltkrieg das Geschäft mit Spülmaschinen in Deutschland zum Erliegen bringen. Erst Ende der 50er Jahre taucht der Geschirrspüler wieder aus der Versenkung auf.

Die Kunden und ihre Bedürfnisse
In der jungen Bundesrepublik Deutschland beginnen die Wirtschaftswunderjahre mit Wirtschaftswachstum, Vollbeschäftigung und steigendem Wohlstand. Jetzt kommt die Stunde der Spülmaschine. Im Privathaushalt noch immer die Ausnahme entdecken immer mehr Gastronomen die Möglichkeiten, die ihnen das automatisierte Spülen bieten kann. Aus dem runden Bottich ist inzwischen ein viereckiger Kasten geworden. Nach dem eigentlichen Waschprozess wird das Geschirr mit Wasser aus einem zweiten Boiler abgespült. Ein wasserspendender Arm dreht sich gemächlich über dem Spülgut. Indes, die bisher auf dem Markt befindlichen Geräte arbeiteten für den professionellen Einsatz zu langsam und das Spülergebnis ist nicht immer befriedigend.

Winterhalter Gastronom GmbH
Es ist die Zeit zu der auch der oberschwäbische Fabrikant Karl Winterhalter seine Liebe zur Spülmaschine entdeckt. Die in seiner 1947 gegründeten Karl Winterhalter Ing. Haushaltsgegenstände und Elektrogeräte hergestellten Friteusen führen ihn in die Küchen der Gastwirte und Hoteliers. Hier wird er auf ein neues Geschäftsfeld aufmerksam – sein Ziel: eine Spülmaschine bauen mit der sauberes Geschirr möglichst in einer Minute wieder zur Verfügung steht.

Das Ende der 1950er Jahre bringt den Durchbruch in der Entwicklung der Spülmaschinentechnik:

  • GS 60 heißt die 1958 von Winterhalter vorgestelle Spülmaschine, die nun gezielt
    Winterhalter GS 60 [2]

    Winterhalter GS 60,        Foto: Winterhalter [3]

    für die gewerbliche Gastronomie entwickelt worden ist. Neu sind die festen Wascharme. Nicht mehr im wechselnden Rythmus eines sich drehenden Arms, sondern an allen Stellen gleichzeitig wirkt nun bei Winterhalter das Wasser auf das Geschirr ein. Zusammen mit Waschdüsen, die das Wasser in einem breiten Fächer anstelle des bisher üblichen Strahls austreten lassen, und einem intergierten Dosiergerät für den Klarspüler sind an diesem Gerät bereits die Grundprinzipien der heutigen Modelle zu finden.

 

  • Miele bereitet die Einführug ihrer ersten gewerblichen Spülmaschine G11 vor. Innerhalb
     Miele G 11 [3]

    Miele G 11,  Foto: Miele [4]

    von zwei Jahren sollen fast 4.000 dieser mit drei Spülprogrammen ausgestatteten Geräte verkauft werden.
    Miele geht den anderen Weg: zwei rotierende Spülarme sollen die Reinigungsleistung deutlich erhöhen. Allerdings, Schnelligkeit ist noch immer relativ: Sieben Minuten dauert das Kurzzeitprogramm und das auch nur, wenn die Maschine an warmes Wasser angeschlossen ist.
  • The Hobart Manufacturing Company übernimmt die Spülmaschinenabteilung der Mechanische Werkstätte K. Martin und verlagert damit seine Aktivitäten im Bereich der Spülmaschinenentwicklung und Fertigung nach Deutschland.

Der Erfolg der Geräte stellt die Hersteller vor neue Herausforderungen. Plötzlich reicht es dem Anwender nicht mehr aus, einfach »eine Spülmaschine« zu besitzen. Wer einmal erlebt hat, wie bequem Geschirr spülen sein kann, will diese Arbeitserleichterung auch bei anderem Spülgut nicht missen. Und – Spülmaschinen, die ursprünglich für kleine Gastronomie-betriebe konziert sind, sollen nun plötzlich die Geschirrberge in Krankenhäusern und Betriebskantinen bewältigen.

Die Spülmaschinen-Hersteller reagieren mit Sortimentserweiterung:
Spülmaschinen für Gläser, für Geschirr, für Topfe; für kleine Gaststätten mit wenig Geschirr und für große Betriebskantinen mit Hunderten von Essensteilnehmern;

HOBART

HOBART_______, Foto: Hobart [5]

Winterhalter GS62 + GS63

Winterhalter GS62 + GS63 Foto: Winterhalter [3]

spezielle Maschinen für Gastronomie und Gemeinschaftsverpflegung, für Bäckereien und für Fleischereien; Untertisch-Geräte, Hauben-, Korbtransport und Bandmaschinen lauten die Antworten auf die neuen Kundenbedürfnisse. Neben Tellerleistung und Spülergebnis werden nun auch weitere Rahmenbedingungen berücksichtigt. Wasser wird enthärtet, Reiniger und Klarspüler werden auf die neuen Maschinen und das jeweilige Einsatzgebiet abgestimmt, Spülkörbe für die unterschiedlichen Einsatzgebiete werden benötigt.

1971 wird in den USA der Mikroprozessor erfunden. Spülmaschinen werden bisher über elektromechanische Programmwerke ( Timer) gesteuert. Die digitale Steuerungstechnik eröffnet den Spülmaschinenkonstrukteuren völlig neue Möglichkeiten. Bereits sieben Jahre später stellt Miele den ersten Geschirrspüler mit mikrocomputer basierter Elektronik-Steuerung vor – ein technischer Meilenstein.

Die Umwelt und die Nachhaltigkeit.

Hobart FTPi [5]

Hobart FTPi [6]

Mit Beginn des 21. Jahrhunderts rückt ein Thema immer stärker in den Fokus der Öffentlichkeit: Umweltschutz und nachhaltiger, sparsamer Umgang mit den vorhandenen Ressourcen. Hersteller und Kunden reagieren darauf, wohl wissend, dass sich Einsparungen bei Wasser, Strom und Chemie nicht nur kostensparend bemerkbar machen sondern auch hervorragend vermarkten lassen.

Neue Geräte müssen nun immer auch und vor allem Wasser-, Energie- und Chemie-Einsparungen bieten. Abluft- und Abwasserwärmerückgewinnung soll die Stromkosten senken, verbesserte Gerätetechnologie den Wasser- und Chemieverbrauch. Und tatsächlich warten die Spülmaschinen des beginnenden 21.Jahrhunderts mit deutlich reduzierten Werten auf. Hatte der Tank einer Fronttürmaschine Anfang der 60er Jahre noch bis zu 60 Liter Wasser-Fassungsvermögen so kommt 50 Jahre später das `typische´ Ein-Tank-Gerät mit etwa 10 Litern Wasser aus. Besonders beeindruckend sind die Einsparungen bei Band- und Korbtransportmaschinen.

Aus den wenigen Geräten der Anfangszeit ist im Laufe der Jahre eine für den Anwender schwer überschaubare Vielfalt von Modellen und Anbietern geworden. Von Geräten, deren Entwicklungsstand scheinbar auf dem der 1960er Jahre stehen geblieben ist (dafür im wahrsten Sinne des Wortes „billig“) bis zu High-Tech-Geräten mit unzähligen Bedienungsmöglichkeiten gibt es für jede Anwendung und für jeden Geldbeutel ein oder mehrere passende Geräte.

Foto: grossküchentechnik-blog.de

Foto: grossküchentechnik-blog.de

VISIOTRONIC mit Grafik-und Textdisplay, Touchscreen als Bedien-, Kommunikations- und Kontrollplattform, TFT Farbdisplay mit graphischer Darstellung und hoher Auflösung, selbst erklarende Icons, frei konfigurierbare, individuelle Programme für spezielle Anforderungen, elliptische Spülfelder, GENIUS-X² Feinfiltersystem, VarioPower, mehrstufiger Öko-Mode (um nur einige, wahllos herausgegriffene Produktmerkmale zu nennen) – fast könnte man meinen nach 100 Jahren Spültechnik sei nur noch das Wasser das verbindende Element.

Die Zukunft.

Vision 1: Die Spülküche als Wohlfühl-Oase.
Viel Platz und viel Bewegungsfreiheit ermöglichen eine optimale Organisation des Spülprozesses. Ausreichend Personal, gut gepflegte und gewartete Geräte werden zum Standard in jeder Küche.  Innovative Technik,  angenehmes Arbeitsklima, schönes Gerätedesign, intuitive Bedienung und das Spülgut auch noch perfekt sauber und glänzend — »Schönheit und Freude« sind die Zauberworte der Spültechnik-Zukunft. Die Spülküche von gestern (heute?) wird morgen nicht wieder zu erkennen sein.

Vision 2: Spülen ohne Wissen und Verstand.
Je besser die Spülmaschinen werden, umso mehr nimmt die Wertschätzung des Menschen, der sie bedient, ab. Die Spülmaschine ein notwendiges Übel, das Personal in der Spülküche  das Stiefkind im Betrieb – häufig wechselnd oder angemietet, wenig qualifiziert, immer im Schatten der Küche und sowieso nie zur Zufriedenheit des Servicepersonals arbeitend. Der Spülprozess wird immer mehr auf die Spülmaschine reduziert. Nicht mehr die Spülkraft –da ohnehin unqualifiziert- wird den Spülprozess steuern, sondern das Gerät. »Spülmaschine mit Köpfchen« titelt die Allgemeine Hotel- und Gastronomie-Zeitung bereits 2011 [9]. Egal wie falsch der Bediener handelt, die Spülmaschine wird es richten.

Vision 3: Spülen bedeutet Wertschätzung und Anerkennung.
Aus dem »Spüler« wird die 3-Sterne-Spülkraft. Für gute Arbeit gelobt, anerkannt und allseits  geschätzt, Ein mündiger Teil des Spülprozesses, ordentlich geschult und in die Bedienung eingewiesen,  mit Verständnis für die wesentlichen Vorgänge und Folgen. Management, Küche, Service und Gast sind endlich dankbar für ihren/seinen unermüdlichen Einsatz für sauberes und hygienisches Geschirr. Zu schön um wahr zu werden?

Quellen:
[1] Weidlich, Sebastian/Knüpfer, Markus: „Geräteanalyse elektronisch programmgesteuerter  Geschirrspüler, 01.02.2011;
URL: https://www-user.tu-chemnitz.de/~weseba/Joomla/Downloads/Studium/Geraeteanalyse/Ger%C3%A4teanalyse%20Geschirrsp%C3%BCler%20Bericht.pdf, [Stand: 01.08.2015],
[2] Miele & Cie. KG, Carl-Miele-Straße 29, 33332 Gütersloh
[3] Winterhalter Deutschland GmbH, Winterhalterstraße 2–12, 88074 Meckenbeuren
[4] Miele & Cie. KG, Carl-Miele-Straße 29, 33332 Gütersloh
[5] HOBART GmbH, Robert-Bosch-Straße 17, 77656 Offenburg
[6] HOBART GmbH, Prospekt „Spültechnik Bandspülmaschinen FTPi | FTNi“, PR-014
[7] MEIKO Maschinenbau GmbH & Co. KG, Englerstr. 3, 77652 Offenburg: DV 80.2 – Gläser- und Geschirrspülmaschine, Beispielhafte Vorteile der Punkt2-Generation;
[8] Allgemeine Hotel- und Gastronomie-Zeitung, Ausgabe 28 vom 09.07.2011,

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